Gastspiele
Gunter Böhnke · Säggs’sch – Fast vergessen
Autorenlesung
Neulich war ich mit meiner Schwester auf einem Kreuzfahrtschiff. Nachdem wir uns am Vormittag eine ganze Weile auf dem Hinterdeck Nr. 10 aufgehalten hatten, sagte ich zu ihr: "Komm wir gehn jetzt zum Essen, wir können doch nicht die ganze Zeit hier rumdalen."
Sie blickte mich fragend an. Offenbar hatte sie mich nicht verstanden. Obwohl sie all die Jahre in Dresden gelebt hatte. Sie vemutete, ich habe ein Leipziger Dialektwort benutzt. Dem war nicht so. Aber ich hatte ein Wort benutzt, dass ich von meiner Großmutter Hedwig gehört hatte. Und nun konnte es ihre Enkelin nicht verstehen.
Mit sächsischen Wörtern, die ausgestorben sind oder langsam verschwinden, befasst sich Gunter Böhnke in seinem neuen Büchlein ("entspricht meiner Körpergröße") Säggs’sch – Fast vergessen.
Er setzt sich mit wissenschaftlichen Meinungen auseinander: "Das sächsische als Dialekt is heute weitgehend ausgestorben, als Regiolekt ist es immer noch lebendig und bietet großes Identifikationspotential." - Na un wie! Das wusste schon Goethe: "Dialekt ist das, woraus die Seele ihren Atem schöpft."
In einem kleinen Exkurs wird die Geschichte des Sächsischen vermittelt. Und daß die Leipziger Südwestosterländisch sprechen, weiß jedes Kind!? Recht anschaulich wird geschildert, was in Sachsen zwischen 1920 und 1950 los war. Und wir erfahren einiges über das Leben von Böhnkes Großmutter.
Die Umgangssprache erkennt man daran, wie man mit seiner Sprache umgeht. Das sagt viel aus über eine Gesellschaft.