Theaterkahn Dresden https://www.theaterkahn.de/blog Neues vor und hinter dem Vorhang der Brettl-Bühne Sun, 03 Jun 2018 12:03:22 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.3.17 „Einer spinnt immer“ https://www.theaterkahn.de/blog/2018/einer-spinnt-immer/ Wed, 14 Feb 2018 13:19:40 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=807 Das Stück „Einer spinnt immer“ sorgt derzeit auf dem Dresdner Theaterkahn für große Unterhaltung. Dabei zeigen die Darsteller Rose Vischer, Tom Quaas und Felix C. Voigt, dass Clowns unterschätzt werden. Doch auch das Publikum ist gefordert.

Rose Vischer, Tom Quaas und Felix C. Voigt als „Clowns“ in der Inszenierung von Renat Safiullin
Foto: Carsten Nüssler

Von Gabriele Gorgas, Dresdner Neueste Nachrichten, 07. Februar 2018

So ein wenig Ausruhen vom Trubel der Ereignisse, das wünscht sich doch jeder. Und nichts ist in den Künsten so kompliziert, wie mit Leichtigkeit, einer gewissen Noblesse und Gewitztheit auch noch unterhaltend zu sein. Was sich am Elbufer speziell das Dresdner Brettl auf dem Theaterkahn, wo man selbst in kalten Tagen warm, trocken und bestens aufgehoben ist, längst auf die Fahnen geschrieben hat. Die jüngste Uraufführung mit Rose Vischer, Tom Quaas und Felix C. Voigt als „Clowns“ in der Inszenierung von Renat Safiullin sorgt dabei für eine Art wohliges Gefühl, wo Kopf und Sinne frei sind für ein Genießen, Mitdenken, Nachdenken und vor allem auch für das Staunen.

Wer könnte das wohl besser hervorzaubern als eben Clowns, die entgegen mancher Redewendung wahrhaft keine bloßen Spaßmacher sind. Und schon gar nicht solche, wo man den Verstand getrost an der Garderobe mit abgeben kann. Die wahren Clowns – egal in welcher Szenerie – haben etwas unbeschreiblich Kostbares zu bieten, diese enorm schwierig zu handhabende Leichtigkeit. Und jene, die sich jetzt dafür mit wirren Haaren und grotesker Aufmachung zusammengerauft haben, kennen sich bestens und sind auch dem Publikum längst bekannt. Zum Beispiel von Quaas-Produktionen wie „Faust ohne Worte“ oder „Beethoven ohne Musik“. Sämtlich eigenwillige Schauspieler. Mit der Besonderheit, eben auch Clowns sein zu können.

Zu Beginn steht Tom Quaas auf der kleinen Brettl-Bühne mit Seil und Schlinge, legt sich diese um den Hals, erwägt das Mögliche. Doch da ist kein Balken. Und als er seine Strippen zieht, hat er zwei weitere Unglücksraben in Schlingen eingefangen, und alle drei schauen nun ratlos-sinnend in die Runde. Was tun? Und wie? Und warum? Wer weiß das schon so genau. Doch ihnen ist an diesem Abend reichlich viel dazu eingefallen, gemeinsam mit Regisseur Renat Safiullin, der auch zu den Quaas-Bündnissen gehört. Gewissermaßen eine weitgreifend kunterbunt-begabte Seilschaft, die sich schon wiederholt aus Schwierigkeiten herausgehievt hat. Wie ja überhaupt die Existenz freischaffender Bühnenkünstler, Regisseure und dergleichen mehr stets mannigfache Risiken in sich birgt. Das ahnt und weiß man spätestens dann, wenn sie bei dieser Uraufführung in ihre leeren Hosentaschen nach dem letzten Franc abtauchen, um ihn in eine der absurden Wetten einzubringen.

Manche dieser Clowns-Geschichten kennt man schon. Es sind alte und neue, bekannte und unbekannte. Und das Trio erzählt sie auf eigene Weise, lässt dabei Luftballons aufsteigen, verwandelt sich in Windeseile, stolpert, stolpert immer wieder… Natürlich voraussehbar, aber dennoch überraschend. Und zudem sind diese Gestalten auch noch sangesfreudig, dass es zum Dahinschmelzen ist.

Der vieldeutige Untertitel zu „Clowns“ ist übrigens bestens gewählt: Einer spinnt immer. Denn so ist es tatsächlich. Kaum endet der Faden einer Geschichte, wird der nächste auch schon angeknüpft. Und sie alle, Safiullin nicht minder, sind ausgewiesene „Spinnmeister“. Dabei ist das Ganze so miteinander verwoben, dass jeder seine Trümpfe auch voll ausspielen kann, ohne dabei den anderen in die Quere zu kommen, ihnen die Show zu stehlen.

Tom Quaas, der als August mit Kugelaugen unschuldig in die Welt schaut und ebenso tonangebend mächtig auftrumpfen kann, spielt hinreißend jene Story von der schlafwandelnden Frau des anderen, deren nächtliche Beute der Gatte am nächsten Tag jeweils den Betroffenen zurückbringt. Wunderbar diese Treppennummer und Pointe, das hintergründig-treuherzige Wiederholen der Standardformulierungen. „Wie man sich doch täuschen kann!“

Die Schweizerin Rose Vischer, ganz offenbar auch erprobt als Seiltänzerin, bekommt beispielsweise ihren Spieluhr-Schwanenauftritt und erweist sich als beherzte Chansonette. An die Piaf muss man sich ja erstmal herantrauen können, wollen, dürfen. Und zudem noch dieser unglaubliche Felix C. Voigt, der schon immer mal zu überraschen wusste. Während die beiden anderen dem aufgemotzten „Radio-Koffer“ diverse Klänge und Ansagen zu entlocken suchen, wagt Voigt die wahnwitzige Unmöglichkeit, dem Schnarren, Zwitschern, Poltern, Säuseln seine Stimme zu verleihen. Das gelingt ihm großartig. Und markant singen kann er übrigens auch noch.

Was rundum darauf verweist, dass das eben keine Clowns mit gewissen Sprechqualitäten, sondern ausgefuchste, erfahrene, besondere Schauspieler sind mit einer großen Bandbreite an Fähigkeiten. Ob sich die Besucher an diesem Premierenabend auch wahrhaft amüsiert haben? Natürlich! Zumindest die Mehrzahl. Vielleicht nicht immer zur gleichen Zeit und an gleicher Stelle, aber doch ganz offensichtlich. Und das mal laut, mal leise, manchmal eher vorausschauend, dann wieder rückblickend. Zudem mussten ja alle auch die Rätsel mit lösen. Das kann schon herausfordernd sein. Zum Beispiel die Frage: ist nicht mein Bruder und ist nicht meine Schwester, aber das Kind von meinem Vater und meiner Mutter. Wer ist das? Sie haben es uns verraten. Glücklicherweise. Und damit fängt dann auch immer die eigentliche Geschichte an. Einer spinnt immer. Weiter und weiter.

]]>
Sinnlich-geistvoller Theaterabend https://www.theaterkahn.de/blog/2017/frau-stein/ Thu, 07 Sep 2017 10:43:19 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=796 Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe“ von Peter Hacks auf dem Theaterkahn weiß sich rundum und spürbar ganz besonders zu behaupten.]]> Anika Mauer im „Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe“ auf dem Theaterkahn


© Iko Freese / drama-berlin.de

Von Gabriele Gorgas, Dresdner Neueste Nachrichten vom 4. September 2017

Ein großartiger Theatertext, eine wunderbare Schauspielerin und zudem noch eine Regisseurin, die das Gespür für Sprache, Spiel, Atmosphäre absolut im Blut hat. Was braucht es überhaupt noch mehr, um einen sinnlich-geistvollen Theaterabend zu inszenieren, der im Gedächtnis bleiben kann, wird, muss. Und das, obwohl sich da längst schon Aufführungen ebenso mit anderen eingenistet haben. Doch diese jüngste Erfahrung mit dem Stück „Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe“ von Peter Hacks auf dem Theaterkahn weiß sich rundum und spürbar ganz besonders zu behaupten.

Während sie in Berlin schon bestens bekannt und geehrt ist, dürfte die Begegnung mit der Schauspielerin Anika Mauer für das Publikum in Dresden wohl eher neu sein. Worauf sich getrost aber auch jene freuen können, die das 1976 in Dresden uraufgeführte „Gespräch“ noch mit Traute Richter in der Inszenierung von Klaus Dieter Kirst erlebt haben. Oder in neuerer Zeit mit Barbara Schnitzler in dieser Rolle (Regie: Helfried Schöbel) am Hoftheater von Rolf Hoppe.

Anika Mauer spielt als Frau von Stein gekonnt wie auch variationsreich alle Raffinessen des Weiblichen aus. Um so als geschmähtes, verfluchtes und dennoch heiß geliebtes „Schattenbild“ ihrer selbst den abwesenden Herrn von Goethe im fiktiven, so oder so zu deutenden „Zwie-Gespräch“ auferstehen zu lassen.

Mit Charlotte von Stein nimmt er Gestalt an, dieser Gigant der Dichter in seinem komplizierten und zugleich literarisch ertragreichen Liebesverhalten, und Hacks jongliert das genüsslich aus mit Worten und zuweilen auch recht konkreten Anspielungen, zelebriert geradezu die Schwachstellen im Wesen und Verhalten des 1786 nach zehn Jahren offiziell-inoffizieller Gemeinsamkeit nach Italien Entflohenen. Frau von Stein leidet und hofft: „Ich allein weiß, in welchem Maße ich gescheitert bin“. Die Goethe-Forschung hat dazu noch einige Varianten mehr anzubieten, und manche halten dieses Verhältnis gar für ein groß angelegtes Täuschungsmanöver am Weimarer Hof.

Wie auch immer. Wir profitieren jetzt auf eigene Dichter-Weise von dem geheimnisvollen Geschehen, und solch gewitzte Sprachkabriolen im Theater, das vermisst man doch beileibe viel zu oft auf den heutigen Schauspielbühnen. Es ist auch wahrhaft kein Zufall, dass justament der Theaterkahn dafür ein passendes Podium auf schwankendem Untergrund bietet. Und liebevoll wie im Detail gewitzt ist auch die Bühnengestaltung von Horst Vogelgesang. Zudem hat die Kostümbildnerin Petra Frey für diese Frau eine sympathische stoffliche Mixtur aus Vergangenheit und Gegenwart geschaffen, die die Jahrhunderte problemlos überbrückt, zumal es auch Anika Mauer überzeugend gelingt, jegliche Zeitbarriere im freien Fabulieren zu überwinden.

Dazu kommt als Regisseurin Johanna Schall, die vor vielen Jahren bereits auf dem Theaterkahn inszenierte; sie hat bei dieser Koproduktion mit dem Renaissance- Theater Berlin das Feingefühl und die Kraft eingebracht, mit der außergewöhnlichen Schauspielerin so zu arbeiten, dass wir Charlotte von Stein weniger entrückt und distanziert, eher irdisch und ewigweiblich erleben, die auch gewitzt und behutsam sein kann, wütend, direkt, verletzt und verletzend. Und man erahnt einmal mehr dieses ewiglich schwankende Glück und Elend der menschlichen Natur. Es ist wie eine Offenbarung, wenn sie zum Schluss ganz leise und ratlos fragt: „Warum ist alles für uns alle so sehr viel zu schwer“.

Der Hacks-Monolog, so besagt übrigens das Informationsblatt vom Theaterkahn, wurde mit der Uraufführung in Dresden „ein sensationeller Erfolg und das Stück wenig später weltberühmt. Marcel Reich-Ranicki nahm es in den Kanon der 42 Stücke auf, die man gesehen haben sollte. Nun, zum 275. Geburtstag der historischen Charlotte von Stein, kehrt es nach Dresden zurück.“

]]>
Vereinsamt hadernd mit einem verhassten Instrument https://www.theaterkahn.de/blog/2017/kontrabass/ Sat, 02 Sep 2017 10:19:17 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=793 Der Kontrabaß“ von Patrick Süskind]]> Peter Kube spielt in „Der Kontrabaß“ von Patrick Süskind auf dem Dresdner Theaterkahn

Von Christian Ruf, Dresdner Neueste Nachrichten vom 28. August 2017

Nein, er ist nicht neidisch, er hat nur einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn – und der sagt ihm, dass etwas gewaltig schiefgelaufen ist bei ihm im Leben. „Können Sie mir sagen, wieso ein Mann meines Alters mit einem Instrument zusammenlebt, das ihn permanent behindert?“, wendet er sich fragend ans Publikum, aber das bleibt stumm. Das Instrument, das ihn behindert, ist ein Kontrabass. Und es hängt in Holger Böhmes Inszenierung von Patrick Süskinds populärem Theatermonolog an der Decke – es schwebt wie ein Damoklesschwert über Peter Kube, der den einsamen, verbitterten Künstler spielt. 13 Jahre ist das jetzt her, dass Friedrich-Wilhelm Junge zuletzt den mäßig begabten Musiker gab, der sein Instrument und seinen Beruf aus tiefster Seele verabscheut – Zeit also für eine Neuinterpretation auf dem Theaterkahn. Die Zimmerebene wie auch das Fenster sind schief wie expressionistische Ufa-Filmkulissen aus alten Stummfilmzeiten (Bühne: Carsten Nüssler), man könnte es als Sinnbild für die Schieflastigkeit des Lebens dieses Kontrabassisten sehen.

Anfangs hatte das namenlose Tutti-Schwein, das aus Rache wie aus einem Anfall von Aufbegehren heraus im Konzert gern auch mal ein paar Noten unterschlägt (wie es überhaupt gängige Praxis im Graben ist, am „maßlos überschätzten“ Dirigenten „vorbei oder über hinweg zu spielen“), ja noch die Vorzüge des Kontrabasses gepriesen und die eigene Unersetzbarkeit im Orchester betont. Dann aber werden die anfänglichen Lobreden auf das sperrige Instrument immer widersprüchlicher und schlagen schließlich ins Gegenteil um: Es ist der pure Hass, der sich – geschuldet vielleicht auch dem zunehmendem Bierkonsum (der Griff zur Flasche erfolgt natürlich nur wegen des „Flüssigkeitsverlusts“) – Bahn bricht. Jedenfalls, was den Kontrabass angeht. Aber auch was die tiefen Gefühle und erotischen Fantasien betrifft, die die wesentlich jüngere Sopranistin Sarah in ihm wecken, macht sich der zutiefst gefrustete Musikus Luft, der davon überzeugt ist, dass er nicht so schlecht aussieht, wie er spielt.

Es sind nicht zuletzt die vielen kleinen Spitzen auf den Orchester- und Opernbetrieb („im Orchester gibt es keine Hoffnung, … gehen Sie nie in ein Orchester!“) sowie die Attacken auf zwei Säulenheilige des Bildungsbürgertums, die dem Stück seinen Reiz verleihen. Mozart? Überschätzt! Wagner? Dessen Partituren strotzen doch nur so von Fehlern und Ungereimtheiten! Zweimal fällt auch der Name Christian Thielemann, womit Kube und Regisseur Holger Böhme dem Dirigenten zwar einerseits Reverenz erweisen, andererseits aber auch lästern, schon weil Kube mit einem imaginären Taktstock fuchtelnd den Dirigenten bei der ersten Nennung als „Gastluftverteiler“ apostrophiert.

Kube kostet die tragische Komik des Stückes voll aus, begeht erfreulicherweise nicht den Fehler, dem Affen allzu viel Zucker zu geben. Nur ein oder zweimal verfällt er in Zwingertrio-Manier darauf, die erste Reihe durch den Kakao zu ziehen. Alles in allem gelingt es ihm gut, mit Tempi und Dynamik des Stücks geschickt und routiniert spielend, eine an sich eher unsympathische Figur so liebevoll zu zeichnen, dass man nicht umhin kann, sie verständnisvoll ins Herz zu schließen, einfach weil man sich in all den un(aus)gelebten Träumen wiedererkennt, auch wenn man eher nicht verzweifelt und vereinsamt ist.

]]>
Mann über Bord II – Trailer https://www.theaterkahn.de/blog/2017/mann-ueber-bord-ii-trailer/ Tue, 16 May 2017 06:05:56 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=789

]]>

]]>
Die Grönholm-Methode – Trailer https://www.theaterkahn.de/blog/2017/die-groenholm-methode-trailer/ Wed, 04 Jan 2017 07:50:25 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=782

]]>

]]>